Blick auf die Kirche des heiligen Gaudentius in Osor in der blauen Stunde vorm Sonnenaufgang.
Es wird erzählt, dass einst Bischof Gaudentius von Osor durch seine Reformen den Unmut mächtiger Adliger auf sich zog. Gehetzt und bedroht, suchte er Zuflucht am Fuße eines Berges in der Nähe, wo er ein Jahr lang in einer Höhle verweilte. Die Höhle war voller Schlangen, doch anstatt zu verzweifeln, tat er Buße und bat Gott inständig, die Inseln für alle Zeiten von diesem Gift zu befreien.
Nach seiner Flucht nach Italien lebte Gaudentius in strenger Askese im Kloster von Ancona und starb dort am 31. Mai des Jahres 1044. Doch seine Geschichte endete nicht mit dem Tod.
Ein Jahrhundert später, noch vor dem ersten Sonnenstrahl, begannen in Osor plötzlich alle Glocken wie von unsichtbarer Hand zu läuten. Am selben Tag entdeckten die Bewohner unter der Stadtmauer im Meer eine geheimnisvolle Truhe. In ihrem Inneren lag, wohlverwahrt in Eisen, der unversehrte Leib des heiligen Bischofs.
So wurde Gaudentius zum Schutzpatron der Stadt und der Inseln. Seine Gebeine ruhen noch heute im Altar der Kirche, die seinen Namen trägt – und die Glocken von Osor erinnern an jenes wundersame Morgenläuten, das sein Vermächtnis offenbarte.
Schreibe einen Kommentar