Trau keinem kostenlosen Onlinedienst

Vor rund einem Jahr habe ich mich bei verwandt.de angemeldet, um dort unseren Familienstammbaum zu pflegen. Das war — im Nachinein betrachtet — ein Fehler.

Zunächst war alles ok, der Stammbaum wuchs. Dann habe ich Anfang des Jahres eine Mail bekommen, in der bekannt gegeben wurde, dass verwandt.de jetzt in myheritage.com aufgegangen ist (also verkauft wurde) und die Daten von allen Usern an die neue Firma übergeben wurden. In der Mail hieß es unter anderem:

Sie haben das Recht den Änderungen oder der Übertragung Ihrer Daten an MyHeritage.com zu widersprechen. Senden Sie uns einfach eine E-Mail an support@myheritage.com mit Ihrem Anliegen und wir werden sofort alle Ihre Daten von Myheritage.com löschen und Ihnen eine Bestätigungsmail schicken.

Genau das habe ich gemacht und myheritage.com geschrieben, dass sie meinen Account und den Stammbaum löschen sollen. Nach nur fünf Tagen kam die  Bestätigung, dass mein Account gelöscht sei. Und dann bekam ich Anfang März eine Erinnerung, dass demnächst jemand aus dem Stammbaum Geburtstag hat. Hää? Ich dachte, die haben das gelöscht? Stimmt nicht, denn sie haben wohl tatsächlich nur meinen Account gelöscht, aber den Rest behalten. Ich habe letzte Woche jedenfalls mal nachgefragt, wie das sein kann, aber bis heute noch keine Antwort erhalten.

Aber ich brauche ja nicht besorgt sein, denn ein Unternehmen, das zusätzlich zu den bereits vorhandenen 400 Millionen Profilen jetzt noch 100 Millionen weitere verwaltet, kann man ja vertrauen, was den Datenschutz anbelangt. Ist bei Facebook ja auch so. Warum also skeptisch sein?

Ich weiss noch nicht richtig, wie ich jetzt weitermache, denn das Hamburger Büro, was es geben soll, scheint über keinerlei Kontaktmöglichkeiten zu verfügen. Und auf englisch schreiben mag ich nicht. Vielleicht kann ja mal jemand im Heuberg 1 in Hamburg nachschauen, ob die wirklich dort sitzen?

Die erste Konsequenz, die ich aus dieser Sache gezogen habe ist, den Familienstammbaum jetzt auf dem eigenen Webspace zu hosten. Das geht sehr einfach und umfangreich mit phpGedView. Das stelle ich demnächst mal vor. Und dann werde ich noch sorgsamer mit meinen Daten sein und wohin ich sie verteile.

An dieser Sache habe ich deutlicher als je zuvor gelernt, dass keine Firma  aus purer Menschenfreundlichkeit irgendwas zu verschenken hat und dass immer eine Gewinnabsicht dahinter steckt. Letzteres ist ja auch kein Problem, denn das ist der erste Zweck eines Unternehmens. Scheisse finde ich nur, dass verwandt.de einen auf soziales Netzwerk und Web 2.0 macht, aber wenn es drauf ankommt, nicht mit den Anwendern spricht, sondern sie vor vollendete Tatsachen stellt. Hätte verwandt.de alle Mitglieder vorab gefragt, ob sie damit einverstanden sind, mit ihren Stammbäumen zu einem anderen Dienst umzuziehen, dann hätte ich vielleicht sogar zugestimmt. Vielleicht auch nicht, aber dann wäre für die Macher von verwandt.de wahrscheinlich weniger Kohle geflossen.